Der Bildungsträger IBEB und das Bet- und Lehrhaus House of One haben zu einer gemeinsamen Veranstaltung über die Auswirkungen des Krieges zwischen Israel und der Hamas eingeladen. Die Referenten Pastor Gregor Hohberg, Rabbiner Andreas Nachama und Imam Kadir Sanci unterstrichen in einer Podiumsdiskussion die gemeinsame Positionierung für Frieden und Menschlichkeit und gegen Gewalt.

Der Krieg zwischen Israel und der Hamas beschäftigt seit dem Überfall der Hamas vom 7. Oktober 2023 die nationale und internationale Öffentlichkeit. Seit Beginn des Konflikts sind über 1.200 Israelis und über 37.000 Palästinenser umgekommen. Der Krieg und seine Folgen sind seither Dauerthemen in Medien, Politik und Gesellschaft. Dementsprechend wirkt er sich auch auf den Schulalltag aus. Der pädagogisch angemessene Umgang mit diesem emotionalisierten Konflikt stellt eine Herausforderung für Lehrerschaft, Schülerschaft und die Bildungseinrichtungen dar.

House of One: Drei Religionen und ein gemeinsames Haus für den Weltfrieden

In diesem Kontext hat der Campus Wilhelmstadtschulen in Zusammenarbeit mit dem interreligiösen Friedensprojekt House of One ein Diskussionsprogramm veranstaltet. Dabei hatte sowohl die Lehrerschaft als auch die Schülerschaft die Möglichkeit, mit den drei Theologen des House of One – Imam Kadir Sanci, Rabbiner Andreas Nachama und Pastor Gregor Hohberg – über den Konflikt zu diskutieren.

Rabbiner Andreas Nachama unterstrich in seinem Kurzvortrag die Bedeutung des „Friedensprojekts Europa“, das nach dem Zweiten Weltkrieg mit großen Mühen über Jahrzehnte aufgebaut wurde. Dieses könne ein Vorbild für den Nahen Osten sein: „Wir Berliner Juden wünschen uns für den Nahen Osten, dass dort ein Gebiet entsteht, in dem es keine Rolle spielt, ob man Israeli, Palästinenser, Jude, Muslim oder Christ ist.“ Rabbiner Nachama äußerte den starken Willen nach einem nachhaltigen Frieden: „Nicht mit mehr Waffen, mehr Gewalt, mehr Hass, sondern mit Liebe und gegenseitigem Verständnis muss Frieden vorangebracht werden.“

Ein Ort der gelebten Vielfalt

Der Pastor Gregor Hohberg wiederum lobte den Campus Wilhelmstadtschulen als einen „besonderen Ort“, an dem Juden, Muslime, Christen, Suchende und Atheisten Raum für unterschiedliche Begegnungen schaffen, gemeinsam lernen und die Vielfalt als Reichtum im gemeinsamen Schulalltag erleben: „Wir finden es als Christen toll, was das Judentum und der Islam an Gemeinsamkeiten mitbringen. In unserer seit über zehn Jahren währenden Zusammenarbeit im Rahmen des House-of-One-Projekts haben wir gemerkt, das wir alle drei Gewalt als Mittel der Zielerreichung aus Prinzip ablehnen.“ Und weiter: „Die uns beschäftigende Grundfrage ist, was wir gemeinsam tun können, damit diese Stadt für alle lebenswerter wird. Und das gelingt uns nur, wenn wir Liebe stärken und Hass bekämpfen.“

Frieden durch Gemeinschaft

Imam Kadir Sanci unterstrich die Bedeutung des gemeinsamen Einsatzes für den Frieden: „Wir stehen hier wieder zu dritt. Gemeinsam mit meinen Freunden Rabbiner Andreas Nachama und Priester Gregor Hohberg. Ich fühle mich geehrt und von Gott gesegnet.“ Er fuhr damit fort, dass der spendenfinanzierte Bau eines gemeinsamen Hauses eine komplexe Sache sei und Zeit in Anspruch nehme. „Wir haben jedoch seit dem ersten Tag angefangen, das House of One zu leben. Wir sind davon überzeugt, dass der gewaltfreie Weg des Friedens der richtige Weg ist. Hat man je Probleme in der Schule, zu Hause, in der Stadt, auf der Welt mit Gewalt lösen können? Gewalt ist schlichtweg kein lösungsorientierter Ansatz“, so Imam Sanci.

Nach den Kurzvorträgen hatten die SchülerInnen und die Lehrkräfte die Möglichkeit, Fragen zu stellen. Die stellvertretende Leiterin des Gymnasiums und der Oberschule, Frau Lazri, unterstrich die Tatsache, wie wichtig es sei, in einem geschützten Raum mit besonderen Menschen über ein sehr sensibles Thema zu sprechen: „Das ist für uns alle – Kollegium, Schülerschaft und Schulleitung – eine sehr wertvolle Erfahrung“. Schulleiter Herr Baykuş machte deutlich, wie wichtig es sei, über ein emotionsgeladenes Thema ohne Schuldvorwürfe sprechen zu können: „Wir haben auf unserem Schulcampus SchülerInnen aus verschiedenen Konfessionen, Religionen, Ethnien und kulturellen Prägungen. Es ist als Kollegium und Schulleitung unsere Aufgabe, unsere Schülerschaft auf das Leben nach der Schule vorzubereiten. Und das nicht nur mit Fachkompetenz, sondern auch mit Lebenserfahrung.“ Schulleiter Baykuş sagte, dass es darauf ankomme, sich wechselseitig mit Anstand und Respekt zu begegnen. Man müsse nicht immer der gleichen Meinung sein. „Das wäre“, so Schulleiter Baykuş, „auch langweilig“. Aber die Menschlichkeit müsse stets im Mittelpunkt stehen. Und dazu leiste diese Podiumsdiskussion einen wichtigen Beitrag.

Hintergrund

Am 7. Oktober überfiel die Terrormiliz Hamas israelische Siedlungsgebiete, infolgedessen 1.200 Isarelis umkamen. Israel reagierte mit einer großangelegten Bodenoffensive im dicht besiedelten Gazastreifen, der seitdem über 36.000 Palästinenser zum Opfer fielen und die zu großflächigen Zerstörungen im Gazastreifen führte.

Das Bet- und Lehrhaus House of One ist ein gemeinsames Projekt von Berliner Christen, Juden und Muslimen. Das Ziel ist es, im Zentrum der Hauptstadt auf dem Grundstück der ehemaligen Petrikirche eine Begegnungsstätte zu errichten. In ihr soll eine Kirche, eine Synagoge und eine Moschee residieren. Die historische Petrikirche wurde in den letzten Tagen des Zweiten Weltkriegs beschädigt und zu DDR-Zeiten abgerissen. Das Projekt House of One wird sowohl von der Bundesregierung als auch vom Land Berlin gefördert.